Die Working Equitation ist mehr als nur eine Reitdisziplin – sie ist eine Hommage an die traditionellen Arbeitsreitweisen Europas, verbunden mit der Präzision der modernen Dressur. Sie fordert Pferd und Reiter auf eine Weise, wie es kaum eine andere Disziplin vermag: Rittigkeit, Vertrauen, Mut und absolute Harmonie sind die Schlüssel zum Erfolg.
Doch während Sie an Lektionen feilen und Hindernisse meistern, stellt sich eine entscheidende Frage: Unterstützt Ihre Ausrüstung Sie und Ihr Pferd optimal auf diesem anspruchsvollen Weg – oder arbeitet sie vielleicht sogar gegen Sie?
Viele Reiter investieren unzählige Stunden in das Training, übersehen dabei aber, dass eine unpassende Ausrüstung nicht nur den Fortschritt bremst, sondern auch zu Unbehagen und langfristigen gesundheitlichen Problemen beim Pferd führen kann.
So wird aus der Suche nach dem richtigen Equipment statt einer Chance schnell eine Quelle der Unsicherheit. Gerade für Reiter von spanischen und barocken Pferden, deren Körperbau spezielle Anforderungen stellt, ist fachkundige Orientierung unerlässlich.
Dieser Leitfaden ist Ihr Kompass. Er zeigt Ihnen, warum die richtige Ausrüstung kein Detail, sondern das Fundament für eine erfolgreiche und pferdegerechte Ausbildung in der Working Equitation ist. Wir betrachten die Ausrüstung dabei nicht isoliert, sondern als integralen Bestandteil jeder einzelnen Trainingsphase – von der Grundausbildung des Jungpferdes bis zur Perfektion im Turnierparcours.
Warum die Ausrüstung in der Working Equitation entscheidend ist
Die Working Equitation verlangt ein Höchstmaß an Vielseitigkeit. In der Dressur sind Versammlung und Durchlässigkeit gefragt, im Stil-Trail absolute Präzision und Nervenstärke, im Speed-Trail Wendigkeit und Tempo, und bei der Rinderarbeit kommen Instinkt und schnelle Reaktionen hinzu. Diese Vielfalt stellt einzigartige Anforderungen an die Ausrüstung, insbesondere an den Sattel.
Ein guter Working-Equitation-Sattel ist ein Multitalent. Er muss:
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Sicherheit und einen tiefen Sitz bieten: Für schnelle Wendungen, Stopps und die Arbeit mit der Garrocha benötigt der Reiter einen Sattel, der ihm Halt gibt, ohne ihn in seiner Bewegung einzuschränken.
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Maximale Bewegungsfreiheit für das Pferd gewährleisten: Besonders die Schulterfreiheit ist entscheidend, damit das Pferd in Seitengängen und engen Wendungen frei agieren kann.
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Eine große Auflagefläche zur Druckverteilung haben: Die dynamischen Bewegungen und das oft stundenlange Training erfordern eine optimale Verteilung des Reitergewichts, um Druckspitzen zu vermeiden – ein Kernkriterium, das erfahrene Reiter immer wieder betonen.
Gerade bei spanischen und barocken Pferderassen wie PRE oder Lusitanos mit ihren oft kurzen, breiten Rücken und ausgeprägten Schultern ist ein Standard-Sattel schnell überfordert. Hier sind spezialisierte Konzepte gefragt, die Tradition und moderne Ergonomie verbinden.
Ihr Weg zum Erfolg: Ausrüstung als Teil des systematischen Trainings
Während viele Ratgeber einzelne Produkte vorstellen, fehlt oft die systematische Verknüpfung der Ausrüstung mit dem Ausbildungsweg. Genau hier setzen wir an. Wir betrachten die Ausrüstung als Ihren Trainingspartner, der Sie in jeder Phase unterstützt. Die folgenden Bausteine bilden einen umfassenden Fahrplan für Ihren Erfolg und werden in unseren vertiefenden Artikeln detailliert behandelt.
Die Grundausbildung des Jungpferdes
Der Grundstein für eine lange und gesunde Karriere wird in der Jugend gelegt. Ein zu früher oder unpassender Sattel kann die Muskelentwicklung nachhaltig stören. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie ein mitwachsender, anpassungsfähiger Sattel die korrekte Ausbildung von Anfang an unterstützt und welche Zäumungen sich für den schonenden Einstieg eignen.
→ Zum vertiefenden Artikel: Auswahl und Grundausbildung des Jungpferdes für die Working Equitation
Das Fundament – Sitzschulung für präzise Hilfengebung
Ihr Sitz ist das wichtigste Kommunikationsmittel. Ein gut konzipierter Sattel hilft Ihnen, eine ausbalancierte, tiefe und dennoch flexible Position zu finden. Wir zeigen Ihnen, wie die Geometrie eines Working-Equitation-Sattels Ihre Hilfengebung verfeinert und Ihnen die nötige Stabilität für anspruchsvolle Lektionen gibt.
→ Zum vertiefenden Artikel: Sitzschulung für Reiter: Balance und feine Hilfengebung entwickeln
Kraft aus der Mitte – Gymnastizierende Lektionen
Seitengänge, Volten und Wendungen fördern die Tragkraft und Beweglichkeit Ihres Pferdes. Doch nur mit optimaler Schulterfreiheit kann Ihr Pferd diese Lektionen korrekt und ohne Verspannungen ausführen. Hier lernen Sie, wie ein passender Sattel die Gymnastizierung erst ermöglicht und worauf Sie achten müssen.
→ Zum vertiefenden Artikel: Gymnastizierende Lektionen: Beweglichkeit und Tragkraft fördern
Technik und Tradition – Das Training mit der Garrocha
Die Garrocha ist das Symbol der Doma Vaquera und ein faszinierendes Element der Working Equitation. Das einhändige Reiten stellt höchste Ansprüche an Sitz und Balance. Wir erklären, warum ein Sattel mit guter Oberschenkelführung hierbei unerlässlich ist und wie Sie sich und Ihr Pferd sicher an diese traditionelle Arbeit heranführen.
→ Zum vertiefenden Artikel: Training mit der Garrocha: Technik, Tradition und Praxis
Vom Detail zur Perfektion – Die Wahl des Zaumzeugs
Die feine Kommunikation entscheidet über Eleganz und Präzision. Ob Trense, Kandare oder Kappzaum – die Wahl der Zäumung hat entscheidenden Einfluss auf die Rittigkeit. Wir geben Ihnen einen Überblick und erklären, wann welches Gebiss oder welche gebisslose Option in der Working Equitation sinnvoll ist.
→ Zum vertiefenden Artikel: Feine Hilfengebung in der Working Equitation: Vom Detail zur Perfektion
Der Sattel als Herzstück: Worauf Sie achten sollten
Die Sattelfrage ist für die meisten Reiter erfahrungsgemäß der kritischste Punkt. Die Angst, eine teure Fehlentscheidung zu treffen, die dem Pferd schadet, ist groß. Ein guter Working-Equitation-Sattel vereint daher traditionelle Ästhetik mit modernster Ergonomie.
Achten Sie auf folgende Merkmale:
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Anpassbarkeit: Der Pferderücken verändert sich durch Training, Alter und Saison. Ein Sattel, dessen Kammerweite und Polsterung justierbar sind, ist eine nachhaltige Investition.
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Material und Verarbeitung: Hochwertiges Leder und eine solide Verarbeitung garantieren Langlebigkeit und Funktionalität.
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Spezialisierung für Barockpferde: Hersteller, die die Anatomie von PRE, Lusitano & Co. verstehen, bieten oft spezielle Baumformen und Kissen an, die eine optimale Passform gewährleisten.
Manufakturen wie Iberosattel haben sich beispielsweise darauf spezialisiert, Sättel zu entwickeln, die genau diese Anforderungen erfüllen. Ihre Modelle bieten oft eine sogenannte Comfortauflage, die speziell für die breiten Rücken barocker Pferde konzipiert ist und den Druck ideal verteilt – ein entscheidender Vorteil in der Praxis.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Kann ich meinen normalen Dressur- oder Vielseitigkeitssattel für die Working Equitation verwenden?
Für den Einstieg und die Grundlagenarbeit ist dies oft möglich. Sobald Sie jedoch in den Trail-Parcours gehen oder anspruchsvollere Lektionen reiten, werden Sie die Grenzen schnell spüren. Ein Dressursattel bietet oft nicht genügend Sicherheit für schnelle Manöver, während ein Springsattel den tiefen, dressurmäßigen Sitz behindern kann. Ein spezialisierter Sattel ist eine Investition in Sicherheit und Präzision.
Was macht einen Sattel speziell für barocke Pferde aus?
Barocke Pferde haben typischerweise einen kürzeren, geschwungenen Rücken, eine breite, oft steile Schulter und wenig Widerrist. Ein passender Sattel benötigt daher oft einen breiteren Wirbelsäulenkanal, speziell geformte Kissen (z. B. Bananenkissen), um nicht in die Lende zu drücken, und eine anpassbare Kammer, die der starken Schulter genügend Raum lässt.
Wie viel sollte ich für eine gute Ausrüstung investieren?
Qualität hat ihren Preis. Ein hochwertiger, anpassbarer Ledersattel von einem renommierten Hersteller ist eine Investition für viele Jahre. Betrachten Sie es nicht als Kostenpunkt, sondern als wesentlichen Teil der Gesundheitsvorsorge für Ihr Pferd und der Weiterentwicklung Ihrer reiterlichen Fähigkeiten. Gebrauchte Sättel können eine Alternative sein, sollten aber immer von einem Fachmann auf Passform überprüft werden.
Welches Zaumzeug ist bei Turnieren erlaubt?
Das Regelwerk des WED e.V. (Working Equitation Deutschland e.V.) gibt klare Vorgaben. In den unteren Klassen ist meist eine Trensenzäumung vorgeschrieben, in den höheren Klassen wird oft auf Kandare geritten. Informieren Sie sich immer über die aktuelle Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) bzw. das Regelwerk Ihres Verbandes.
Fazit: Eine Investition in die Partnerschaft
Die Wahl der richtigen Ausrüstung ist kein Nebenschauplatz, sondern eine strategische Entscheidung auf Ihrem Weg in der Working Equitation. Sie ist der Schlüssel, um das volle Potenzial Ihres Pferdes freizusetzen, seine Gesundheit zu schützen und jene feine Harmonie zu erreichen, die diese Disziplin so faszinierend macht.
Indem Sie die Ausrüstung als integralen Bestandteil Ihres Trainingsplans verstehen, verwandeln Sie eine potenzielle Fehlerquelle in Ihren stärksten Verbündeten. Nutzen Sie unsere vertiefenden Artikel, um Ihr Wissen zu jedem Ausbildungsschritt zu erweitern und fundierte Entscheidungen für sich und Ihren vierbeinigen Partner zu treffen.




